Filmanalysen

Filmanalyse des Films „In Time – Deine Zeit läuft ab“

 

Einleitung

Der Film „In Time“ (Originaltitel, Erscheinungsjahr 2011) charakterisiert sich besonders durch die Grundidee der Handlung, Zeit als Währung einzusetzen. Andrew Niccol, der Regisseur und Drehbuchautor von „In Time“ bemüht sich in allen Gestaltungsformen eine Verbindung zur Realität darzustellen und somit den Zuschauer mit verschiedenen Botschaften, die vor allem in den Dialogen und Handlungsweisen der Protagonisten vermittelt werden, zu erreichen.

 

Genre

„In Time“ bietet eine Mischung aus Sciencefiction, Actionfilm und Thriller-Charakter, aber auch in einzelnen Szenen Dramatik. Dies bewirkt beim Zuschauer ein ausgefülltes breites Spektrum an Emotionen. Der Sciencefictioncharakter zeigt sich am deutlichsten in der Grundhandlung „Zeit ist Geld“, jedoch zeigt der Film, in Setting, Ausstattung und Requisite überwiegend gegenwartsnahe Formen, die den Zuschauer näher an die Handlung und Aussage des Filmes führen und somit seine Aufmerksamkeit steigert.

 

Licht

Auch in der Beleuchtung weist „In Time“ eine realitätsnahe Darstellung auf. Der Zuschauer kann stets nachvollziehen, woher die Lichtquellen kommen. Das fällt besonders in den dunklen Nachtszenen auf, in denen eine Abschattung der Gesichter, der Protagonisten, in Kauf genommen wird, um die Form der realistischen Beleuchtung zu erhalten. Beispielsweise wird das Licht der Straßenlaternen und Autoscheinwerfer genutzt. Bei Tagesszenen verstärkt die Beleuchtung die natürliche Lichtquelle vom sonnigen Tageslicht.

Die Beleuchtung deutet oft die Handlung voraus, wie sich in der ein oder anderen Parallelszene mit gegenläufiger Helligkeit zeigt.

 

Ton

Besonders beeindruckend ist die Detailarbeit beim Hintergrundton. Während beispielsweise in der Szene, in der Will Salas (Justin Timberlake) seinem Freund 10 Jahre schenkt, im Vordergrund ein Dialog zwischen den beiden stattfindet, kann man aus den im Hintergrund befindenden Häusern verschiedene Stimmen vernehmen. Dies charakterisiert besonders in dieser Szene das Viertel, da man einen lautstarken Streit vernehmen kann und dazu ein fürchterliches, weinerliches Babyschreien. Auch in den außen Szenen auf der Straße im Ghetto sind die Stimmen der Komparsen laut und die Dialoge einfach gestrickt. Abgrenzend weist die Zone der Reichen eine ruhige Gesprächsführung auf. Denn dort lässt sich keinerlei Lärm vernehmen. Sogar im Ton werden die Charakter- und Verhaltensunterschiede zwischen Arm und Reich deutlich.

Außerdem verstärkt der Ton die Assoziation, dass Zeit, Leben bedeutet. Die Uhr läuft zwar im Sekundentakt, doch weist die Tonart des Sekundentakts eine Ähnlichkeit zum menschlichen Herzschlag auf.

 

Musik

Zunächst ist festzustellen, dass außer der Clubszene, die Musik instrumentalen Charakter hat. Der Zuhörer soll scheinbar sich ganz auf die Klänge konzentrieren können und sich nicht von Liedertexten ablenken lassen. Zu den unterschiedlichen Emotionen und Tempi der Figuren gibt es klar erkennbare Muster in den Klangformen. Verfolgungs- und Actionszenen zeigen stets schnelle Beats auf, die den Herzschlag des Zuschauers zu beschleunigen vermögen und ihn so emotional mit dem Flüchtigen mitfühlen lassen. In diesen Szenen dominieren die Beats, selten findet sich eine erkennbare Melodie wieder. In der Regel handelt es sich in „In Time“ bei den Verfolgungsszenen um Disharmonien, die das Tempo der Taktschläge unterstützen. Erfolgsszenen oder Szenen, die die Emotion der Hoffnung darstellen, bzw. sie entwickeln oder voraus deuten lassen, sind dominierend durch Melodien verkörpert. Die Hoffnung zeigt sich in einem Klangmuster, in dem sich allmählich die Tonhöhe in einen helleren und weicheren Klang steigern. In einzelnen Szenen findet sich hier sogar eine Frauenstimme wieder, die jedoch ohne Text, nur mit dem Klang ihrer Stimme dieses Hoffnungsmuster unterstützt.

 

Setting

Das Set sieht sowohl in der Zone der Reichen, als auch in der Zone der Armen sehr gegenwartsnah aus. Andrew Niccol zieht im Setting eine sehr deutliche Linie zwischen Arm und Reich. Während das Ghetto in industriellen, fast schmutzigen Farbtönen und vor allem sehr grau dargestellt wird, sind die Straßen der reichen Zone, mit spärlichen Grünstreifen verziert und von schwarz, weißen, modernen Gebäuden umringt. Das Hotel in der ärmlichen Zone, in der Will und Sylvia sich verstecken, zeigt deutlich alt stilistische Möbel, im Gegensatz zu den Hotelmöbeln im reichen Viertel, die wie die Gebäude in schwarz weiß gestaltet sind. Die einzig auffallenden Farben sind gold und Prunkfarben wie Rot, die im Casino oder im Haus von Philippe Weiss zu sehen sind. Die Möbel aus Wills Wohnung passen nicht stilistisch zusammen und wirken improvisiert. Die klare Gestaltungsgrenze zwischen Arm und Reich erleichtert die Ortsorientierung des Zuschauers und unterstützt die differenzierten Charaktere beispielsweise von Philippe und Will.

 

Dialoge

Andrew Niccol gibt dem Film viele tiefgründige Dialoge über das Thema Zeit. Schon zu Beginn des Films sagt Will, dass er gerne mal mit mehr als einem Tag auf der Uhr aufwachen würde. Niccol spricht hier schon den Zuschauer persönlich an. Denn in unserer schnelllebigen Zeit wünschen sich viele Menschen mehr als 24h an einem Tag. Die Dialoge scheinen besonders darauf ausgelegt, an der heutigen Lebensweise der Menschen, Kritik zu nehmen. Will fragt im Laufe des Films Sylvia, wie man damit leben könne, wenn neben einem, Menschen sterben. Sie antwortet, dass man nicht hinsehe, sondern die Augen schließe. Auch hier findet sich Kritik an unserer gleichgültig egoistischen Gesellschaft wieder.

 

Handlung

Neben den Dialogen zeigt aber auch die Handlungsidee eine mögliche Kritik. Zum Beispiel hören in „In Time“ mit 25 Jahren, die Menschen auf zu altern, was sehr an den Schönheitswahn der heutigen Zeit erinnert. Kommentiert wird dies durch Philippe, der diese Zeiten als sehr verwirrend bezeichnet.

 

Figuren

Der perfektionistische Schönheitswahn zeigt sich auch in dem Aussehen von Sylvia. Ihre Frisur sitzt immer einwandfrei, kein Haar steht ab. Ihre Haut ist bleich und ihre Kleidung stets stilvoll. So hebt sich Sylvia immer von den anderen Menschen aus der armen Zone ab.

 

Parallelszenen

Auffällig sind in „In Time“ zwei ganz entscheidende Parallelszenen.

Wills Mutter wird vom Busfahrer stehen gelassen und rennt um ihr Leben, denn ihre Zeit läuft ab. Als Will bemerkt, dass seine Mutter nicht im Bus ist, läuft er ihr entgegen. Eine Sekunde bevor sie sich treffen, stirbt die Mutter und Will hat ein Jahrhundert auf der Uhr. Die Handlung ist emotional. Die Musik bekräftigt dies durch Herzschlag-Motive und auch hier erscheint das Hoffnungsmotiv durch heller werdende Töne. Spannung erzeugt der Cross-Cutt zwischen Will und der Mutter. Das Licht ist dunkel, die Straße leer. Niccol beendet die Szene mit einer einsamen Totalen. Diese Szenen ist einleitend und voraus deutend auf die weiterführende Handlung. Ohne den Verlust der Mutter, hätte Will weniger Kampfgeist.

Die Parallelszene hierzu findet sich am Ende. Will konnte die Zeit des Timekeepers bekommen und rennt Sylvia entgegen. Ihre Zeit läuft ebenfalls ab. Hier findet sich ein ähnliches Schnittmuster. Die Musik zeigt ebenfalls das Hoffnungsmotiv. Ebenfalls wird die Szene durch eine Totale beendet. Der Unterschied zur vorherigen Szene mit der Mutter, diesmal geht sie gut aus, wie die helle Beleuchtung und die Farben des grünen Brachlands voraus deuten lassen.

 

Insgesamt arbeiten in „In Time“ die Darstellungsformen des Filmes zusammen, sie wirken nicht gegenläufig, sondern abgestimmt. Für den Zuschauer gibt es ein harmonisches Bild, dass ihn nicht überfordern sollte.



von Nadine J.M. Knauer

Dine-Produktion

Film&Kunst